1.800 Meter über dem Meeresspiegel und umgeben vom Sangay und Llangants Nationalpark befindet sich, zu mindestens vorübergehend, unser neues Zuhause Banos de Agua Santa. Raus aus dem Reisealltag und rein in das ecuadorianische Leben, und zwar bei einer Familie in Banos. Und das ohne das Gefühl zu haben etwas zu verpassen, ohne nicht täglich entscheiden zu müssen, mit welchen Tätigkeiten der Tag gestaltet werden kann. Die Lage ist genau richtig für uns – umgeben von Bergen, 70 Wasserfällen und Thermalquellen – ein kleine Oase. Noch dazu herrscht in Banos ganzjährig frühlingshaftes Wetter mit einer durchschnittlichen Temperatur von 17 – 25 Grad Celsius, und mal mehr und mal weniger Regentagen. Aber was solls, Regen macht uns nichts aus.
Schon bei Einfahrt in den kleinen Ort qualmte der über 5.000 Meter hohe Vulkan Tungurahua sehr kräftig. Der 1999 wieder zum Leben erwachte Vulkan lässt den Himmel über Banos regelmäßig, mit einer spektakulären Show aus Feuer und Lava, zu einem Highlight für Einheimische und Touristen werden. Wir denken uns nur, hoffentlich auch während unserer Zeit in Banos. Weiter schlängeln wir die Serpentinen hinunter bis wir das Ortszentrum erreichen.
In unserem Apartment angekommen, trafen wir auf Dewania und Adam aus den USA und Südafrika, welche die letzten 4 Wochen bei Mayra und ihrer Familie gewohnt und geholfen haben. Sie waren gerade auf dem Weg zur Puente San Francisco, von wo aus man einen guten Blick auf den Vulkan hat. Wir stellten das Gepäck ab und begleiteten die beiden. Wir hatten ja eh noch keine Pläne für den Abend. Angekommen an der Brücke dauerte es nicht lange und wir sahen die Lava aus dem Krater des Vulkans hinab laufen. Feuerrot und irgendwie bedrohlich da der Vulkan nur wenige Kilometer entfernt ist. Es war wirklich ein spektakulärer Moment und ein gelungener Auftakt in unserem neuen Zuhause.
Am nächsten Tag lernten wir Mayra, Karlyin (9), Steven (7) und den fünfjährigen Reint kennen. Mit ihnen werden wir in den nächsten Wochen viel Zeit verbringen. Mayra führt eine kleine Spanischschule und vermietet Apartments in Baños. Die Kinder gehen zur Schule, die Jungs könnten Tagelang vor dem Computer hocken und hinterlassen ein Schlachtfeld wo auch immer Sie sind. Wir helfen unter der Woche mit den Gästen, leichten Maintanance Arbeiten in den Apartments, kochen und machen Hausaufgaben mit den Kindern, und zwar auf Spanisch.
Schnell haben wir uns angefreundet und die Zeit vergeht wie im Flug. Manchmal tanzen uns Reint und Steven etwas auf der Nase herum, aber auch dafür haben wir nach kurzer Zeit unsere Tricks. Die freie Zeit verbringen wir mit normalen Dingen wie einkaufen, kochen, gemütlichen Abenden am Kamin und großen Schüsseln Popcorn und damit die Nachbarschaft kennen zu lernen. Mittlerweile kennen uns die Nachbarn, grüßen freundlich oder fallen in einen netten Plausch mit uns. So auch Jorge, der schon 17 Jahre in der Schweiz gelebt hat, und jedes Mal versucht seine Sprachkenntnisse aufzufrischen. Einmal wöchentlich kommt der Laster mit Orangen vor die Haustür gefahren, an einem anderen Tag die Milchfrau, oder der Gasflaschen- und Wasserlieferant. Wenn anfangs noch ungewohnt, ist es mittlerweile alles ganz normal. Wir haben uns eingelebt und sind angekommen.
Spanisch lernen in Banos
Wenn Ihr Spanisch lernen möchtet und nebenbei viel Spaß an Outdoor Aktivitäten habt, ist Mayras Spanish School der richtige Ort. Mehr Infos unter: www.mayraspanishschool.com
Am ersten Wochenende haben wir eine tolle Wanderung nach Vizcaya unternommen. Nach ca. 4 Stunden durch die Berge, mit Blick ins grüne Tal und über kleine, fast unüberwindbare Flüsse, welche teilweise in Wasserfälle übergingen, kamen wir in dem kleinen Ort an. Menschenleer. Wie ausgestorben. Nur ein alter Mann saß gemütlich auf seiner Bank und grüßte uns freundlich. Nach einer netten Unterhaltung erfuhren wir, dass am Sonntag jeder im Dorf aufgebrochen war, um den Tag mit der Familie in der Stadt zu verbringen. Und wir, wir waren die einzigen die dem Stadtleben entfliehen. Zu mindestens für ein paar Stunden. Zurück ging es mit dem Taxi (1$) da wir doch sehr müde, und es mittlerweile schon spät war.
Neue Woche neues Glück. Mittlerweile macht Reint freiwillig Hausaufgaben mit Denise. Er fragt sogar ob sie endlich anfangen. Nachmittage verbringen wir mit Fußball spielen im Park und vor allem damit Omas und Mamas Kochrezepte von oben nach unten zu kochen. Rotkohl (selbstgemacht), Spätzle und Gulasch sind ein echtes Highlight nach fast 10 Monaten Reisen. Aber was wäre das Leben ohne ein „echtes“ Brot? Auch das haben wir nach langer Sucherei in Banos gefunden. Oh, wie lecker – ein Gaumenschmaus. Mit diesen Kleinigkeiten machen wir unseren Alltag zu etwas besonderem und vergessen, dass wir am anderen Ende der Welt, mehr als 10.000 KM von Deutschland entfernt, sind.
Casa del Abrol – Eine Schaukel hoch oben über den Wolken
Jeden Tag aufs Neue geht unser erster Blick schon beim Frühstück aus dem Fenster in Richtung Himmel. Bewölkt oder nicht bewölkt? Denn gewöhnlich regnet es die ganze Nacht und die Regentropfen prallen am Fenster des Innenhofes ab. Eine der schönsten Touristen-Attraktion in Baños sollte man sich bei klarem Himmel nicht entgehen lassen – Die Schaukel am Ende der Welt. Ein kleines Privatgrundstück hoch oben auf 2.600 Meter mit einem Baumhaus und einer Schaukel. Irgendwie kindisch? Nein, ganz und gar nicht. Das beste Gefühl das man haben kann. Es ist fast als würde man Fliegen wenn man sich auf der Schaukel vor und zurück schwingt, und dabei den Blick ins Tal oder auf den Vulkan, welcher laute und rumpelnde Geräusche macht, genießt. So fühlt sich Freiheit an. Man vergisst einfach alles um einen herum. Und am wertvollsten ist der Moment wenn man ganz alleine ist.
Wie komme ich zum Casa del Abrol?
- Taxi: einfache Strecke 10$ – Return: 20$ (Empfehlenswert wenn es schnell gehen muss, da das Wetter sich auch schnell ändern kann.)
- Bus: 0,25$ (Bus nach Argoyan)
- Wanderung: ca. 2h einfache Strecke
Camping bei Casa del Abrol?
- Ja, man kann campen. Es gibt Platz um sein Zelt aufzuschlagen, eine Toilette und eine Kochstelle.
- Kosten: 2$ pro Person
Ein Fahrrad-Trip zu den Wasserfällen im Umland von Banos
Für 5$ kann man sich in Banos ein Rad mit Helm und Karte leihen. Und dann kann es auch schon losgehen. Man folgt man einfach der Straße in Richtung Puyo und kann dabei die vielen Wasserfälle bestaunen. Mal größer, mal kleiner, mal mehr und mal weniger Wasser. Das Highlight ist dabei der Paillon del Diablo. Es ist einer der größten Wasserfälle in der Gegend. Nach dem wir den Eintritt (1,50 $) gezahlt hatten, wanderten wir ca. 30 Minuten bergab. Das herabstürzende Wasser wurde immer lauter und wir, wir wurden einfach nur nass. Durch einen sehr engen Gang krochen wir durch um an einen anderen Aussichtspunkt zu gelangen. Bei unserer Körpergröße gar nicht so einfach. Danach fuhren wir zum nächsten Wasserfall – Machay. Auch hier zahlten wir Eintritt (1$) und machten uns auf den Weg nach unten. Nicht viele Leute fahren nach dem Pailon del Diabolo noch weiter und so waren wir Alleine an diesem Wasserfall. Ein kleiner Regenbogen schimmerte in dem Wasserfall und wir nutzten die Gelegenheit für ein paar Fotos.
Tipp: Im Becken des Macay Wasserfalls kann man auch schwimmen.
Zurück ging es dann mit dem Chivabus da wir doch etwas Müde von den 20 KM waren. Für 1,50$ warfen Sie unsere Räder auf das Dach und wir setzten uns zur Pole-Dance-Stange. Außer Philipp bewegte sich allerdings niemand elegant daran. Laute südamerikanische Musik schallte aus den Boxen während der Fahrt nach Banos . Zurück in Banos verlängerten wir unsere gemieteten Räder um einen weiteren Tag, denn wir wollten am nächsten Tag direkt noch einmal los, dieses Mal aber nicht wegen der Landschaft und den Wasserfällen sondern wegen den Outdoor-Angeboten.
Die Superman-Pose – Canopy in Baños
Bridgejumping und Canopy sind die Hauptangebote was Outdoor Spaß angeht. Alle paar Meter eine noch höhere oder längere Canopy-Station. Wir stoppten bei der ersten Station und wenige Minuten später hingen wir vertikal, wie Superman, zur Abfahrt bereit über der 200 Meter hohen Schlucht. Nach nur wenigen Sekunden war, die ca. 850 Meter Überfahrt, auch schon wieder vorbei und wir auf der anderen Seite angekommen. Mit einer Gondel ging es zurück zur Station. Die Gondelfahrt fühlte sich, um ehrlich zu sein, etwas unsicherer an. Ein super Spaß für nur 10$ (andere ggf. 5-10$ teurer). Wir waren nun vom Adrenalin-Fieber gepackt und wollten auch noch springen. Von der hohen Brücke in Banos hatten wir uns bisher ja noch nicht getraut. Angekommen, mussten wir leider feststellen, dass sonntags keiner an dieser Brücke, außerhalb von Banos, arbeitet – und dabei hatten wir allen Mut zusammengenommen. Dann soll es wohl nicht sein. Dieses Mal fuhren wir mit den Rädern zurück nach Baños. Uns haben schon das eine oder andere Mal die Oberschenkel gebrannt, aber was muss, dass muss.
Tipp: Wer ein schnelleres Canopy Erlebnis möchte, fährt bis zur 2. Station, direkt nach dem Tunnel und fährt ca. 1.000 Meter durch die Schlucht und zwar mit doppelter Geschwindigkeit. Oder probiert beide.
Auch unsere 2. Woche verging wie im Flug. Einkaufstour mit Mayra durch Ambato, Schlendern über den Kunsthandwerksmarkt, Besuch der Kirche, beobachten der Süßigkeiten-Hersteller in den kleinen Eckläden, und davon gibt es hier sehr viele, und einem Abstecher zum Virgin Wasserfall der mitten in der Stadt die Flanken herunterstürzt.
Tagestrip nach Quilotoa
Am Wochenende machten wir uns dann auf den Weg nach Quilotoa. Da wir nicht so viel Zeit hatten, wie ursprünglich geplant, wurde der Ausflug nur einem Tagestrip der dann auch noch mit viel Wasser von oben verbunden war. Quilotoa (3.914 Meter) ist eine bereits gut organisierte Community. Die Hauptattraktion ist der 250 Meter tiefe Kratersees in den ecuadorianischen Anden.
Mit dem Bus ging es von Banos nach Latacunga (2$). Direkt an der Kreuzung stiegen wir um in den Bus nach Zumbahua (2$) und fuhren auf fast 4.000 Meter hinauf. Bei Ankunft lernten wir Jeremy aus Frankreich kennen und plauderten ein wenig, während uns die Fahrer versuchten zu belagern. 3$, 2$, 1,50$ pro Person wollten Sie für die 20 Minütige Fahrt bis zur Lagune. Touristenpreise! Umso längerer man wartet, desto günstiger wird es allerdings am Ende. Wir liefen ums Eck in Fahrtrichtung zur Lagune und sprangen für 1$ auf die Truck- Ladefläche eines älteren Pärchens, welches uns bis zur Lagune brachte. Der Eintritt zur Lagune kostet 2$ Eintritt.
Nieselregen, aber am Himmel ein Hoffnungsfunke von blauem Himmel. Wir entschieden erstmal Mittag zu essen. Nach dem Essen dröhnten Donnergeräusche hinter den umliegenden Bergen hervor. Es wird doch wohl nicht schlimmer anstatt besser werden? Wir liefen los und machten uns auf den Weg zum Lagunen-Strand. Bisher hielt das Wetter. Als sich urplötzlich Nebel in der Lagune festsetzte, machten wir uns langsam aber sich auf den Weg nach oben. 400 Meter sind nicht viel, können aber auf 4.000 Meter zu einer außergewöhnlichen Anstrengung werden. Und wenn dann noch stärker Regen hinzukommt, hat das mit Spaß nichts mehr zu tun. Pitschnass und etwas ausgekühlt kamen wir wieder oben an.
Tipps für Quilotoa:
- Camping in der Lagune ist kostenlos. Packt aber viele warme Sachen ein, in der Nacht kann es bitter kalt werden.
- Kanu fahren kostet 2,50$. Ohne zeitliche Begrenzung.
- Ein Pferd zum Aufstieg kann für 10$ gemietet werden. Etwas überteuert aber für alle die zu k.o. sind eine gute Option.
Den Rückweg verbrachten wir damit unsere nassen Sachen zu trocknen. Während der Busfahrt gab es dann noch einen kleinen Hagelsturm bei dem sich die Straßen weiß pflasterten und dann waren wir auch schon wieder in Latacunga. Leider gab es keinen direkten Bus vom Terminal und so mussten wir zuerst nach Ambato. Immer wieder faszinierend wie sie einen versuchen zu verarschen wenn es um Preise geht. Sagte der Mann am Bus doch glatt den doppelten Fahrtpreis für die 1-stündige Fahrt. Am Ende zahlten wir nur 1$, aber der Versuch uns abzuzocken verärgert uns immer wieder. Und dass nur weil wir Touristen sind. In Ambato dann das gleiche Spiel, bis uns der Buseinweiser geholfen hat. Wenige Minuten später saßen wir im Bus nach Hause.
Der Tag war schön, auch wenn es geregnet hat und die Lagune ist absolut sehenswert. Nächstes Mal werden wir 3-5 Tage einplanen und den Loop laufen. Ganz genau, es gibt schon jetzt die Gedanken über ein nächstes Mal.
Zurück in unserem geliebten Banos kam der Abschied immer näher. In nur wenigen Tagen werden wir weiterreisen und uns neuen Abenteuern widmen. Ein herzliches Abschieds BBQ bei Mayra in der Wohnung, natürlich mit der gesamten Familie, ein letzte Mal die Kinder im Kreis fliegen lassen, die Frage von Reint wohin wir wollen und warum, lange und herzliche Umarmungen, und ein gehäkeltes buntes Gummiarmband (echte Handarbeit) von Karliyn machten uns die Worte “Auf Wiedersehen” besonders schwer. Aber ein Abschied hat auch immer etwas Positives – wir werden uns wiedersehen.
Reisemüde? Ja und nein. Es war nicht das erste Mal, dass wir von der Reisemüdigkeit gepackt wurden. Schon einmal, in Sucre, erlebten wir eine Form von Reisemüdigkeit. Damals verknüpften wir unseren längeren Aufenthalt mit einem Spanisch-Sprachkurs. Fast einen Monat verbrachten wir in dieser schönen Stadt in Bolivien. Die Sehnsucht nach Alltag und Routine, ein Heim und dem Gefühl, Zuhause zu sein kommt auf einer langen Reise immer mal wieder. Es ist wichtig unseren Köpfen eine Pause von den vielen Eindrücken zu gönnen und die Geschwindigkeit der Fortbewegung zu verlangsamen um alles Neue genießen zu können.
Unsere Reise geht jetzt nach 3 Wochen weiter, durch fremde Landschaften in den Süden von Ecuador, vorbei an Bergen, Tälern, Dörfern bis in die nächst größeren Orte wie Riobamba, nach Alausi und Cuenca bevor wir in den kommenden Tagen nach Peru reisen.